Nur wenn du richtig stehst fängst du den Fisch!
Kaum ein anderes Thema ist beim Meerforellenangeln so derart wichtig wie die richtige Spotwahl. Bevor ich in diesem Teil der Artikelserie darauf eingehe, die einzelnen dazu wichtigen Primär-Parameter wie Windrichtung, Windstärke, Wassertemperatur, Strömungsverhältnisse, Strukturen im Wasser, Jahreszeit und auch Tageszeiten zu behandeln, möchte ich anhand eines klassischen Beispieles aufzeigen wie wichtig es sein kann sich tages- u. situationsabhängig mit diesem Thema intensiver zu beschäftigen.
Selbst gebackener Erfolgsdruck
Ein erfahrener Meerforellenangler weiß leider nur zu gut, dass nicht jeder Trip an die Küste von Erfolg gekrönt sein kann, dafür gibt es einfach zu viele Unwägbarkeiten die auch einmal gern alle zusammen das genaue Gegenteil von Erfolg bewirken. Insbesondere Anfänger gehen daher gern den leichteren Weg, sie orientieren sich an anderen Anglern. Die Frage bleibt jedoch, ob dies wirklich immer hilfreich ist? Gerade in den heutigen Zeiten des Internet wird durch die vielen Fangmeldungen im Netz ein regelrechter Erfolgsdruck beim Anfänger, aber auch durchaus Fortgeschrittenen Meerforellenanglern geschürt. Oft nur unterbewusst entsteht dadurch der Eindruck dass ALLE anderen Angler regelmäßig nur noch kapitale Fische fangen würden, nur man selbst nicht. Die vielen Schneidertage an der Küste werden in Facebook z.B. nie erwähnt…
Der Blick auf das aktuelle Tageswetter
Egal welchen Spot man ins Visier genommen hat, ist das Tageswetter eigentlich der wichtigste Anhaltspunkt dafür ob ein erfolgreiches Angeln an der Küste überhaupt möglich sein wird. Es gibt unzählige Dienste im Netz die dazu die nötige Orientierung vermitteln können, ich nutze gern windfinder.com um mir im Trockenen bereits einen ersten Überblick über Windrichtung, Windstärke und Niederschlag etc. zu verschaffen.
Ein Beispiel
Ein Angelfreund tickerte mich vor ein paar Tagen an und frug ob ich Lust hätte mal Spot X zu befischen. Wir haben jetzt Anfang Oktober. Ich schaute mir den Spot noch einmal genauer an und entschied mich dagegen, weil mir die Wassertiefe davor zu flach für das immer noch relativ warme Wasser an der Küste schien. Auch haben wir derzeit die aktive Aufstiegsphase und es sind sehr viele braun gefärbte Fische unterwegs zu ihren Laichplätzen. Später hörte ich dann, dass mein Angelkollege dort durchaus erfolgreich war und eine schöne blanke Meerforelle und einige Dorsche fing. Dies hatte mich dann doch neugierig gemacht, auch weil ich an diesem Teil der Küste schon einige Jahre nicht mehr unterwegs gewesen war. Es handelte sich um den Spot Hubertsberg am Anfang der Hohwachter Bucht.
Am vorgesehenen Spot angekommen…
Weil es 2 Tage zuvor ja so gut lief, verabredeten wir uns dort an einem der Folgetage – um genau zu sein – für gestern. Der Wind stand dieses Mal auch auf SüdOst, allerdings mit durchgehend 6 Windstärken, in Spitzen sogar bis 8! Der Karte nach schien es so als müsse der Wind von rechts-hinten kommen, der Spot sollte also fischbar sein, war er aber dort angelangt, absolut nicht. Stattdessen blies uns eine geschätzte 7 aus Nordost direkt ins Gesicht und brachte fast durchgängig eine Meterwelle mit. Dazu noch reichlich Kraut, es wäre dort gar nichts gegangen. Nur 100m von der Küste entfernt konnte man an den Bäumen die tatsächliche SüdOst- Windrichtung ablesen, an der Küste direkt folgte der Wind jedoch dem Land…
Sofort neu orientieren…
Wenn man sich den Angeltag nicht völlig durch Starrsinn vernageln möchte, ändert man kurzentschlossen seine Spotwahl, bei diesem Wellengang wären wir dort kaum halbwegs trocken (unter der Wathose) aus dem Wasser gekommen. Das Problem war also der Starkwind. In solch einem Falle bringt man möglichst viel Land zwischen den Wind und das zu befischende Wasser. Wir fuhren also zurück in Richtung Westen und steuerten als „Ausweichspot“ Kitzeberg an.
Spot 2, Kitzeberg
Wir hatten uns für Kitzeberg in der Kieler Förde entschieden und dort angekommen konnten wir uns davon überzeugen, dass diese Entscheidung goldrichtig war. Gleich am Anfang des Strandes standen bereits zwei Fliegenfischer im Wasser, die fleißig ihr Glück versuchten. Die Welle war moderat, der Wind kaum spürbar, da er ja von der dazwischen liegenden Landzunge tausendfach gebrochen wurde. Was dort noch ankam war kaum der Rede wert, und dies gerade einmal ca. 25 km von der tobenden Küste entfernt, die wir erst kurz zuvor noch betrachten konnten.
Fazit: Nur eine kurze Entfernung voneinander kann sich die Ostseeküste mit zwei völlig unterschiedlichen Gesichtern präsentieren, von unfischbaren Verhältnissen bis hin zu einem ruhigen Watangeln mit Fang. An diesem Tage fingen dann alle 3 Angler noch mehrere Dorsche, eine Meerforelle ließ sich leider nicht blicken.